Aktuelles
21. Februar 2024

Auslandspraktikum in Sri Lanka

Isabella Kainz, Studentin der Gesundheits- und Krankenpflege, verbrachte 2023 ein Auslandspraktikum in Sri Lanka und konnte dabei zwei verschiedene Lehrkrankenhäuser und Arbeitsbereiche kennenlernen. Durch das Praktikum erhielt sie viele neue Einblicke in das Gesundheitssystem von Sri Lanka und konnte auch zwischenmenschlich und kulturell viele Erfahrungen mitnehmen. Hier ihr persönlicher Erfahrungsbericht.

Ich habe mein Auslandspraktikum in Sri Lanka in zwei verschiedenen Lehrkrankenhäusern in Galle im Süden von Sri Lanka absolviert. Im Mahamodara Teaching Hospital, das hauptsächlich für Geburten und Frauengesundheit zuständig ist, habe ich die ersten beiden Wochen meines Praktikums verbracht. Hier durfte ich zu Beginn vier Tage lang den Ablauf von Geburten im Kreißsaal beobachten. Während der Beobachtung einer Geburt blieb mir ausreichend Zeit, um Fragen zu stellen und mir Notizen zu machen. Da die Lehrbücher der Medizinstudent*innen, die Dokumentationen und die Visiten in den Lehrkrankenhäusern auf englischer Sprache basieren, gab es im Kreißsaal kaum Sprachbarrieren. Dennoch konnten viele meiner Fragen für mich nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Im Austausch mit einer befreundeten Hebamme aus Österreich habe ich Antworten auf meine Fragen bekommen und Vergleiche zwischen der Geburtshilfe im Westen und Sri Lanka ziehen können. Soweit ich das beurteilen kann haben die Kolleg*innen im Mahamodara Lehrkrankenhaus nach ihrem besten Wissen und Gewissen Geburtshilfe geleistet. Dennoch entsprechen einige Herangehensweisen nicht dem aktuellen Standard.

Den Frauen in Sri Lanka wird empfohlen nicht mehr aufzustehen, sobald der Gebärmuttermund vier Zentimeter geöffnet ist. Außerdem gilt als einzige Gebärposition, flach am Rücken zu liegen. Selbst die Unterstützung eines hochgelagerten Oberkörpers wird nicht angeboten. Sobald die Frauen in den Kreißsaal verlegt werden, wird zur Beschleunigung des Geburtsvorgangs Oxytocin intravenös verabreicht und um den Vorgang zu erleichtern wird bei jeder Frau ein Dammschnitt durchgeführt. Im Gespräch mit der besagten Hebamme aus Österreich konnte ich feststellen, dass mir diese Vorgehensweisen berechtigterweise widerstrebten. Dass ich bei Geburten dabei sein durfte, ist eine großartige Erfahrung für mich, dennoch hoffe ich nach den Erlebnissen im Kreißsaal, dass sich die Pflege vor Ort dem Fortschritt öffnet und weiterbildet. Zumal es in Sri Lanka bereits eine eigene Spezialisierung für Nurses im Kreißsaal gibt. Sie werden als Labor und Delivery Nurses (L&D Nurses) bezeichnet und vereinen drei Fachbereiche: Die Gesundheits- und Krankenpflege, Hebammen und die pädiatrische Pflege. Die Spezialisierung finde ich persönlich sehr interessant und ich denke, dass werdende Mütter und deren Neugeborene sehr davon profitieren könnten. Mit der Voraussetzung, dass die aktuellsten, evidenzbasierten Erkenntnisse recherchiert werden und zur Anwendung kommen. Die Erfahrungen aus dem Kreißsaal sind äußerst einprägend und vielfältig und beweisen, dass kritisches Hinterfragen von Handlungen und Interventionen den Fortschritt bringen, den die Pflege international benötigt und dass die Pflegewissenschaft einen erheblichen Beitrag zum Wohl der Patient*innen leistet. Allerdings ist anzumerken, dass in Sri Lanka die Hierarchie der Ärzt*innen gegenüber der Pflege einen sehr hohen Stellenwert genießt. Deswegen gehe ich davon aus, dass Veränderungen als erste Instanz von ihnen anerkannt werden müssen. Diese Umstände können es für die Kolleg*innen vor Ort schwierig machen, ihr Wissen und Können voll auszuschöpfen und anzuwenden. Im Gespräch mit singhalesischen Medizinstudent*innen hatte ich den Eindruck, dass die nachkommende Generation von Ärzt*innen sehr aufgeschlossen und interessiert gegenüber der westlichen Berufsethik und Kultur zu sein scheint und nach Veränderung strebt.

Nach dem Kreißsaal durfte ich fünf Tage in den OP und bei der Durchführung von Kaiserschnitten zusehen. Die Pfleger*innen und Ärzt*innen haben mich sehr nahe an den Operationstisch geholt und mir alles ausführlich erklärt. Das war eine sehr lehrreiche Gelegenheit, da ich die Inneren weiblichen Geschlechtsorgane aus nächster Nähe betrachten konnte. Im Gespräch mit einem Medizinstudenten aus Schweden stellte sich heraus, dass es hier bis auf die Einrichtungen und Ressourcen kaum Unterschiede zur westlichen Vorgehensweise bei Kaiserschnitten gibt.

Im Anschluss habe ich drei Tage auf der Wochenbettstation verbracht. Aufgrund der Sprachbarriere konnte ich mich auf dieser Station leider nur wenig mit den Kolleg*innen austauschen. Ein paar relevante Informationen und Eindrücke konnte ich dann doch mitnehmen. In Sri Lanka werden Neugeborene gegen Tuberkulose geimpft da das Erkrankungsrisiko in asiatischen Ländern deutlich erhöht ist. Die Kinder werden wie in Österreich täglich untersucht und gewogen. Die Mütter werden täglich von den Medizinstudent*innen für die Arztvisite vorbereitet. Das bedeutet, die Student*innen geben einen mündlichen Bericht bei den Ärzt*innen über die Patientinnen ab. In Österreich wird das von der Pflege übernommen.

Im Teaching Hospital Karapitiya habe ich den zweiten Teil meines Praktikums auf der Intensivstation absolviert. Hier durfte ich viele Pflegetätigkeiten selbst durchführen. Zu meinen täglichen Aufgaben gehörten das stündliche Dokumentieren der Vitalwerte und der Einstellungen des Beatmungsgeräts, das Verabreichen von Nahrung über die nasogastrale Sonde, das Verabreichen von Medikamenten unter der Aufsicht der Kolleginnen der Station und das Verabreichen von Inhalationen bei intubierten Patient*innen. Da ich noch kein Praktikum auf einer Intensivstation in Österreich absolviert habe, fällt es mir schwer die Unterschiede einzuschätzen. Mein Eindruck war, dass die Intensivpflegekräfte auf der Station über ein großes Wissen bezüglich der Medikamente und der Intensivpflege verfügen. Ein klarer Unterschied zu Österreich sind natürlich die Einrichtungen und Ressourcen. Auch wenn die Intensivstation besser mit Hygieneartikeln, Sterilgut und technischen Geräten ausgestattet ist wie andere Stationen in Sri Lanka, so sind die Ressourcen im Vergleich zu Österreich deutlich begrenzt. Dennoch konnte aufgrund des erfahrenen Personals eine gute intensivmedizinische Versorgung gewährleistet werden. Ich durfte sehr viel von den Kolleg*innen auf der Intensivstation lernen und behaupte, dass mein Lernfortschritt auf dieser Station am größten war. Besonders lehrreich war der tägliche Patientenbericht, den ich am Ende meiner Schicht bei der Stationsleiterin abgeben musste. Dadurch wurde ich darin geschult eine gegliederte Übergabe mit relevanten medizinischen und pflegerischen Informationen durchzuführen. Eine besondere Herausforderung auf der Intensivstation war für mich persönlich das Berufsenglisch und die Medikamente. Ein Praktikum auf einer Intensivstation würde mir selbst im deutschsprachigen Raum viel abverlangen. In einem fremden Land, dessen Muttersprache selbst nicht Englisch ist und noch dazu mit starkem Akzent gesprochen wird, erforderte die Arbeit auf der Station zusätzliche Konzentration und Aufmerksamkeit. Auch das hat enorm zu meinem Lernzuwachs beigetragen.

Zusammengefasst hat mich das Auslandspraktikum pflegerisch, kulturell, sprachlich und zwischenmenschlich bereichert. Ich bin dankbar, dass ich durch mein Studium die Gelegenheit hatte, einen tiefen Einblick in das Gesundheitssystem von Sri Lanka zu bekommen. Auf diese Weise habe ich Land und Leute aus einer ganz besonderen Perspektive kennenlernen dürfen. Ich würde es jederzeit wieder machen und jedem/jeder Kolleg*in weiterempfehlen, die aufgeschlossen und interessiert an fernen Ländern und deren Kultur sind.