Schwerpunkte bzw. Forschungslinien

Im Forschungsbereich DE│RE│SA werden Probleme und Fragestellungen aus Wissenschaft und Praxis untersucht, wobei die Erkenntnisse publiziert und direkt zurück in die Lehre gespielt werden. Neben öffentlich ausgeschriebenen nationalen und internationalen Projekten werden geeignete Projekte mit Industriepartnern (meist KMUs) durchgeführt. Das DE│RE│SA Team setzt sich interdisziplinär aus Designern und Experten aus Begleitwissenschaften (Anthropologie, Ökologie, Innovationsmanagement, Usability, Materialkunde etc.) zusammen. Alle Projekte werden in den vier Forschungslinien (1) User Experience, (2) Circular Design, (3) Humanitarian Design und (4) Co-Creation bearbeitet.

User Experience

Das Konsumverhalten der Menschen wird zunehmend durch kurzfristige Trends beherrscht. Auch wenn Produkte eigentlich noch ihren Zweck erfüllen, werden sie daher oftmals durch neuere Varianten ersetzt. Um diese Entwicklung zu stoppen, sind Lösungen notwendig, die einen nachhaltigen und bewussten Umgang mit Produkten fördern.

Ein Ansatz hierfür ist die Schaffung einer langfristigen emotionalen Bindung zwischen Mensch und Produkt. Diese Bindung wird beispielsweise durch Erinnerungen oder gemeinsame Erlebnisse mit dem Produkt hervorgerufen. Offene Fragen in diesem Forschungsbereich beinhalten:

  • Wie kann eine bestehende emotionale Bindung zu einem Produkt methodisch geeignet erfasst werden?
  • Durch welche Handlungen und Überlegungen äußert sich diese Bindung beim Besitzer?
  • Welche Faktoren beeinflussen Produktbindung (demographische Daten, funktionale Aspekte des Produktes)?
  • Wie können Designer zu einer nachhaltigen emotionalen Bindung beitragen?


Über diesen Schwerpunkt hinaus deckt die Forschungslinie die wichtigsten Aspekte der User Experience wie Usability-Methoden (Eyetracking, Experimente, Befragungen usw.) und Emotionen (Erfassung beispielsweise anhand der Software FaceReader) durch Forschungs- und Publikationstätigkeiten ab.

Leitung Forschungslinie User Experience: Laura Ackermann B.Eng, MSc

Circular Design

Der Übergang zur Kreislaufwirtschaft (Circular Economy) ist erklärtes Ziel in Europa. Dafür werden gegenwärtig zahlreiche Projekte initiiert und politische Weichen gestellt. Damit diese Vision gelingen kann, müssen Produkte mit der Fähigkeit entwickelt werden, ganz oder in Teilen in Kreisläufen zu zirkulieren.

Die verantwortungsbewusste Partizipationsgesellschaft von morgen verlangt nach zeitgemäßen Produkten, Dienstleistungen und kollaborativen Wertschöpfungssysteme. Cradle to Cradle gibt wichtige Hinweise für eine Umsetzung. Ergänzende Strategien finden sich z.B. bei Design for Reuse, modulare Konstruktionsmodelle oder Kaskadennutzung. Insbesondere werden Entwicklungen untersucht, die Wertschöpfung aus kleineren Kreisen bilden wie Second Hand und Sharing-Konzepte, neue Businessmodelle für Dienstleistungen und auf menschliche Bedürfnisse ausgerichtete Strategien wie Co-Design.

Das Verbinden von biologischem Fachwissen mit Design in diesem Forschungsbereich soll ermöglichen, dass die wichtige, jedoch bislang wenig beachtete Gestaltungskomponente „Vielfalt feiern auch in Bezug auf den wichtigen Erhalt der Artenvielfalt (design for diversity) im Produktdesign mehr berücksichtigt wird.

In der Forschungslinie „Circular Design“ wird die Gestaltung der Kreislaufwirtschaft untersucht:

  • Der Forschungsbereich Circular Design untersucht und bündelt Designstrategien, -konzepte und instrumente, die für die Gestaltung von Produkten für Kreisläufe wichtig sind und bringt diese in die Lehre der Studierenden ein.
  • Wie muss Designprozess und Produktmanagement gestaltet werden, damit die Kreislaufwirtschaft praktisch umgesetzt werden kann?
  • Innovative gesellschaftliche Strömungen werden untersucht, wie sie Kreisläufe mit antreiben können (z.B. Sharing, Collaborative Consumption, Participatory Design, Co-Creation etc.)
     

 Leitung Forschungslinie Circular Design: Dr. Sonja Eser

Humanitarian Design

Die meisten Menschen weltweit leben in Entwicklungs- oder Schwellenländern. Das täglich Leben ist von Mangel (Hunger, Armut etc.) und Umweltverschmutzung geprägt. Eine große Herausforderung für die „Gestalter von morgen“ muss es sein, passenden Lösungen zum Abbau des Mangels und Steigerung der Lebensqualität zu entwickeln bzw. die Betroffenen zu unterstützen, sich selbst zu helfen.

Die Forschungslinie Humanitarian Design agiert in der Tradition der qualitativen Feldforschung oder Ethnografie. Hier werden Studierende durch teilnehmende Beobachtung Teil der betroffenen Gruppe, erleben und verstehen die Probleme und entwickeln zusammen mit den Betroffenen Lösungen. So bleibt das Humanitarian Design nicht in alten imperialistischen Mustern verhaftet, sondern wird zu Participatory Design.

Dieser Ansatz ist ein wichtiger Bestandteil für frugale Innovationen, einem Innovationssystem, dem gegenwärtig viel Aufmerksamkeit geschenkt wird und das in den nächsten Jahren von großer Bedeutung sein wird. Beispiele für frugale Innovationen finden sich vorwiegend in Asien und Afrika, wo Produkte häufiger an lokale Nachfrage und mangelhafte Infrastruktur angepasst werden müssen. Die Produkte adressieren gesellschaftliche, durch Mangel erzeugte Bedarfe. Sie basieren auf Erfindungsreichtum und beschränktem Ressourceneinsatz („Kunst des Weglassens“). Frugale Innovationen sind technisch simpel und einfach in der Handhabung, dabei jedoch sehr robust und günstig in Herstellung und Vertrieb. Diese Lösungen helfen nicht nur durch den direkten Produktnutzen den Menschen vor Ort, sondern stellen auch die Grundlage für lokale Unternehmensgründungen da.

Fallstudien belegen, dass eine Verzahnung frugaler, technischer und sozialer Innovationen für den Fortschritt in Entwicklungs- und Schwellenländern entscheidend sein wird. In Zeiten wirtschaftlicher Krise besteht heute in reichen Ländern ein verschärfter Druck auf Unternehmen, ressourcenschonend und lösungsorientiert zu agieren, weshalb auch westliche Konzerne zunehmend beginnen, sich für frugale Innovationen zu öffnen und in Kooperation mit Dienstleistern vor Ort (frugal engineneering) aktiv zu werden. Dabei geht es nicht nur darum, nur Billigversionen von Hightech Produkten zu entwickeln, sondern völlig neue Produkte.

Ein weiterer Treiber für frugale Innovationen ist eine Politik des inclusive Growth, um in wirtschaftlich aufstrebenden Ländern den Markt mit Jugaad Innovations (einfallsreichen Innovationen) auch für ärmere Bevölkerungsschichten zu öffnen (siehe hierzu: VDI-TZ / Fraunhofer ISI (2014): Gesellschaftliche Entwicklungen 2030, herausgegeben vom BMBF)
 

Leitung Forschungslinie Humanitarian Design: Dr. Michael Leube

Co-Creation

Der technologische Fortschritt hatte in den letzten Jahren großen Einfluss auf Gesellschaft, Ökonomie und Ökologie. Es entwickelte sich eine technologieaffine Partizipationsgesellschaft, die zunehmend die Möglichkeit (= competence & access) hat:

  • Produkte und Prozesse selbst zu gestalten (u.a. User-Generated-Content, Open Source, Mass Customization), 
  • interaktiv in Wertschöpfungsprozesse integriert zu werden (u.a. Co-Design, Open Innovation, Lead User)
  • verantwortungsbewusst (ökologisch, sozial) zu agieren (Share/Collaborative Economy, Crowdsourcing/funding, Lifestyle of Health and Sustainability, Social/Patient Innovation, Circular Design).


In der Forschungslinie Co-Creation wird die Bedeutung dieser Veränderungen für Design, Marketing und Innovationsmanagement untersucht. Im Zentrum aller Forschungen und Projekte steht der Kundennutzen. Die im Produktbereich vorherrschende Unterteilung in funktionalen, psychologischen, sozialen und symbolisch-spirituellen Nutzen kann allgemein als eine Steigerung der Lebensqualität zusammengefasst werden, was besonders im Gesundheitsbereich (vgl. patient innovation) von essentieller Bedeutung ist.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Forschungsarbeiten und Projekte in Zusammenarbeit mit Industriepartnern (z.B. BMW, Mercedes, Adidas, Kärcher etc.) durchgeführt. Daneben wurden zahlreiche Publikationen erstellt und eigene Konferenzen ausgerichtet (z.B. Mass Customization Konferenzen, Strategy Days etc.).

Leitung Forschungslinie Co-Creation: FH-Prof. Dr. Dominik Walcher