Als inhaltliche Ausrichtung des Zertifikatslehrgangs gelten sowohl moderne wissenschaftliche (theoretische) als auch praxisnahe Themen. Es werden sowohl breite Grundlagenkompetenzen als auch spezifisches Vertiefungswissen vermittelt in folgenden Schwerpunkten.

Menschen sitzen in einem Kreis und das Bild fokussiert auf die Handbewegungen der Gruppe, man sieht keine Gesichter

Beratung kann als die zentrale Handlungsform im sozialen Sektor schlechthin bezeichnet werden: „Beratung ist eine wesentliche Handlungsform in nahezu allen Bereichen Sozialer Arbeit. Deshalb ist Beratungskompetenz für eine professionelle Berufspraxis der Fachkräfte entscheidend.“ (Ralf Albrecht, 2017) Zum anderen ist es notwendig, diese Beratungsleistungen auf Basis eines humanistischen Menschenbildes nicht über die Köpfe der betroffenen Personen hinweg, sondern mit und durch sie zu realisieren: „Man kann einem Menschen nichts beibringen, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“ (Galileo Galilei, Universalgelehrter)

Beratungsleistungen sind also so auszugestalten, dass Selbstorganisation möglich wird, welche im Falle des Lehrgangs durch digitale Hilfsmittel unterstützt wird.
Der Zertifikatslehrgang „Beratung als selbstorganisierender Prozess“ befähigt dazu, Beratung auf einem besonders modernen, wissenschaftlich untermauerten, stark innovativen und dabei menschlichen und nur so erfolgreichen Konzept der Selbstorganisation zu verwirklichen.

Inhaltliche Schwerpunkte

Menschen und Menschengruppen, ja auch Gesellschaften als Ganzes werden im Zertifikatslehrgang als komplexe Systeme verstanden, die einer besonderen Art der Steuerung bedürfen, welche nicht durch lineare Ursache-Wirkungs-Ketten auflösbar erscheinen.

Um die Besonderheiten der Steuerung komplexer Systeme in Beratungskontexten zu berücksichtigen ist es notwendig, den Blick von konkreten Ursache-Wirkungs-Zusammenhängen im Beratungsprozess hin zum Prozess der Problemlösung selbst in unausgewogenen komplexen Systemen zu wenden.

Trotz allgemein gültiger und auf wissenschaftlicher Basis rekonstruierbarer typischer Prozessverläufe mit subjektiv positiv bewertetem bzw. subjektiv negativ bewertetem Ausgang in komplexen Beratungssituationen erfordert eben die meist subjektiv zu bestimmende Zielvorgabe von Beratungssituationen und die konkrete Befüllung mit möglichen und empfehlenswerten Handlungsoptionen die Personalisierung der Beratungsinhalte. „Der Kern einer neurobiologisch-konstruktivistischen Lehr- und Lerntheorie besteht in der Einsicht, dass Wissen nicht übertragen werden kann, sondern im Gehirn eines jeden Lernenden neu geschaffen werden muss. Lernen ist also ein aktiver Prozess der Bedeutungserzeugung.“ (Roth, Gerhard; 2004)

Im Rahmen technischer Entwicklungen scheint heute eine zentrale Hürde bisheriger Beratungssettings leichter überwindbar. Digitale Tools stehen inzwischen zur Verfügung, mit denen der konkrete Vorgang der Beratung mit den außerhalb des Beratungskontextes stattfindenden Problemlösungsprozessen verknüpft werden kann. Während bis vor ca. 5 Jahren der Blick auf den im Alltag der KlientInnen zu verortende Problem- und Entwicklungsprozess nur indirekt über Rekonstruktion bzw. Erinnerungsleistung thematisiert werden konnte, ist heute durch entsprechende digitale Apps (in unserem Fall SNS: Synergetisches Navigationssystem) eine stetige Prozessbegleitung, begleitende Rückmeldung zum Prozessverlauf und anschließende Besprechung möglich. Digitalisierung bedeutet für den Zertifikatslehrgang daneben auch den möglichen Einbezug von zunehmend aufkommender Online-Beratung. Selbstorganisationsprozesse können auch hier stetig begleitet, sichtbar gemacht, evaluiert und kooperativ gesteuert werden. (Siehe Kongress Consozial 2018 zum Thema „Digitalisierung“)

Viele herkömmliche Beratungsansätze können als gebündelte Erfahrungen von Praktiker*innen beschrieben werden, aus denen sich gewisse Beratungsschulen (und teils sogar unmäßig ideologielastige Ansätze) entwickelt haben. Im vorliegenden Lehrgangskonzept wird gezielt die wissenschaftlich-theoretische Perspektive (s.o.) integriert, so dass ein umfassendes Beratungskonzept im Sinne der Selbstorganisation gelehrt werden kann. Damit kann nun endlich ein, auch in sich selbst stimmiger, evidenzbasierter Ansatz von Beratung verwirklicht werden und dient nicht zuletzt der Überprüfbarkeit des Beratungserfolgs.

Einzigartig in der Gestaltung des Zertifikatslehrgangs ist zudem die permanente, durchgängig prozessbegleitende Selbstevaluation durch das oben genannte, internetbasierte SNS (Synergetisches Navigationssystem), welches die Vorgänge des Zertifikatslehrgangs selbst abbildet und beeinflussbar macht. Das befördert neben der notwendigen Selbstreflexion der Teilnehmer*innen (im Rahmen der Reflexion eigener Beratungstätigkeiten) auch die Feedbackorientierung des Zertifikatslehrgangs selbst.

Die Prinzipien der kybernetischen Steuerung komplexer Systeme, der Prozessorientierung, der Personalisierung unter Einbezug neurologischer Erkenntnisse, der Digitalisierung, der Wissenschaftlichkeit und Überprüfbarkeit, der Selbstreflexivität, Eigenevaluation und Feedbackorientierung führen damit insgesamt gesehen zu einem Paradigmenwechsel im Blick auf Beratung im sozialen Sektor und beschreiben damit eine Form der Beratung 4.0 (vgl. analog Industrie 4.0). Dadurch wird der Zertifikatslehrgang zu einem Angebot eines generalistischen, methodenübergreifenden und damit integrativen Ansatzes in der Beratung, der so bisher in Österreich noch nicht verwirklicht erscheint.