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22. April 2022

Bauteilaktivierung: Expertise an der FH Salzburg

Anfang April ist eine Novelle des Salzburger Wohnbauförderungsgesetzes in Begutachtung gegangen, die auch - erstmals in Österreich – eine Unterstützung der Bauteilaktivierung beinhaltet. Was verbirgt sich hinter dem Begriff der Bauteilaktivierung? Am Campus Kuchl der FH Salzburg wird bereits seit Jahren interdisziplinär an der innovativen Technologie für nachhaltigere Gebäude geforscht.

Was ist eigentlich eine Bauteilaktivierung?

Die Bauteilaktivierung dient dem Heizen und Kühlen eines Gebäudes. Dabei wird warmes bzw. kaltes Wasser durch Rohrleitungen in Wänden oder Decken transportiert und so das Gebäude konditioniert, wodurch aber auch die Masse des Bauteils gleichzeitig als thermischer Speicher genutzt wird. Am Campus Kuchl der FH Salzburg forschen Markus Leeb, Patricia Reindl, Daniel Heidenthaler und Michael Moltinger am Forschungsbereich Smart Building sowie Thomas Schnabel und Hermann Huber vom Forschungsbereich Holz- und biogene Technologien an thermisch aktivierten Bauteilsystemen im Material Holz & Beton.

Der Klima- und Energiefonds fördert bereits finanziell die Bauteilaktivierung im Wohnbau ab 5 Wohneinheiten. Die FH Salzburg übernimmt hier, gemeinsam mit der Zukunftsagentur Bau, die wissenschaftliche Begleitung. In unterschiedlichen Projekten wird die Bauteilaktivierung erforscht. Die im folgenden vorgestellten Projekte „aHolz“ und „Wohnen findet Stadt“ zeigen das Potential der Bauteilaktivierung auf.

Die Holzdecke die heizt und kühlt

© Fachhochschule Salzburg, Smart Building

„Die thermische Bauteilaktivierung findet üblicherweise in Betondecken Anwendung, doch auch Massivholzdecken können zum Heizen und Kühlen eines Gebäudes verwendet werden“, erklärt Forschungsleiter Markus Leeb. Das zeigen deutlich die Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt des vom Land Salzburg im Rahmen der Wiss2025 geförderten Projekts „aHolz“.

Um die Bauteilaktivierung in Holz zu realisieren, werden in der Fertigung des Massivholzelements Rohrleitungen eingefräst und anschließend mit einer Deckschicht, ebenfalls aus Holz, verleimt. Dafür können normale Rohrleitungen verwendet werden, wie etwa bei einer Fußbodenheizung üblich (siehe Foto), oder auch Kapillarrohrmatten. Kapillarrohrmatten sind dünnere Rohrleitungen in geringerem Abstand, wodurch eine höhere Leistung und gleichmäßigere Wärmeverteilung erzielt werden kann. 

Die gefertigten Prototypen im Labormaßstab mit einer Abmessung von 60x60 cm wurden an einem Prüfstand untersucht und diverse Temperatur- und Wärmestrommessungen durchgeführt. „Mit dem mobilen Prüfstand kann sowohl geheizt, als auch gekühlt werden – die Bauteilaktivierung eignet sich auch hervorragend zum Kühlen von Gebäuden“, ergänzt Projektleiter Thomas Schnabel. Die umliegenden Räume der Holzzwischendecke werden bei diesem Prüfstand mittels einem darunter und darüberliegenden Heiz- bzw. Kühlelement, welches Raumtemperatur aufweist, nachgestellt.

Das aHolz Projektteam der FH Salzburg mit dem mobilen Prüfstand.
Das aHolz Projektteam der FH Salzburg mit dem mobilen Prüfstand.

Aufgrund der Masse kann in einer Decke oder auch Wand mit Bauteilaktivierung viel thermische Energie gespeichert werden. In den untersuchten Holzvarianten werden zwar deutlich höhere Heizmitteltemperaturen als im Beton benötigt, um die gleiche Wärmeabgabeleistung zu erzielen, dadurch kann aber zum Teil auch mehr Energie gespeichert. Nach Abschalten der Heizung wird langsam, über viele Stunden, die im Bauteil gespeicherte Energie wieder an den Raum abgegeben, bis die Decke oder Wand auf Raumtemperatur ausgekühlt ist. Zum Vergleich: In 40 m² Buchenholzdecke mit 6 cm Überdeckung kann in etwa so viel Energie gespeichert werden wie in einem elektrischen Kleinwagen (~40 kWh).

Heizen und Kühlen über die bestehende Außenwand?

Das wurde beim Sanierungs- und Nachverdichtungsprojekt „Wohnen findet Stadt“ möglich gemacht. Die Bauteilaktivierung kommt hier erstmals in Form einer vorgefertigten Multifunktionsfassade bei der Sanierung zum Einsatz. Bei dem Gebäude aus den 50er Jahren wurde nicht nur der Bestand thermisch auf Vordermann gebracht, sondern überdies durch die Aufstockung zusätzlicher Wohnraum geschaffen.

Die vorgefertigte Multifunktionsfassade wurde auf den bestehenden Außenwänden angebracht und übernimmt neben dem Wärmeschutz zusätzlich auch die Heizung und Kühlung der dahinterliegenden Wohnung sowie den Schallschutz – das Gebäude befindet sich neben einer stark befahrenen Bundesstraße.

Nachwuchsforschung in der Bauteilaktivierung

Im Sommer 2021 konnte Daniel Heidenthaler, Junior Researcher im Bereich Smart Building, seinen ersten Artikel als Hauptautor im renommierten wissenschaftlichen Journal „Energy“, gemeinsam mit Markus Leeb, Thomas Schnabel und Hermann Huber publizieren. Darin befasst sich der Nachwuchsforscher mit der Simulation von thermisch aktivierten Bauteilsystemen in Holzkonstruktionen und stellt eine innovative Nutzung von Holzkonstruktionen vor. Die Erkenntnisse können die Grundlage für die Entwicklung eines Energiespeichers in Holzkonstruktionen bilden.

Mehr Informationen zu Daniel Heidenthalers Projekt über Thermisch aktivierte Bauteilsysteme.

Klima- und Energiefonds

Der Klima- und Energiefonds fördert bereits finanziell die Bauteilaktivierung im Wohnbau ab 5 Wohneinheiten. Die FH Salzburg übernimmt hier, gemeinsam mit der Zukunftsagentur Bau, die wissenschaftliche Begleitung.

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