Am Puls der Zeit

Die FH Salzburg-Geschäftsführung Doris Walter und Raimund Ribitsch im Gespräch.

Die Geschäftsführung der FH Salzburg

Vor eineinhalb Jahren hatte die FH Salzburg ihren 25. Geburtstag. Ziehen Sie bitte noch einmal Bilanz über das erste Vierteljahrhundert. Und schauen Sie in die Zukunft: Wie wird die Bilanz im Jahr 2045 idealerweise ausfallen?

Ribitsch: Fest steht, dass wir in unseren ersten 25 Jahren nicht nur eine, sondern viele Erfolgsgeschichten geschrieben haben. Von zwei Studiengängen auf nunmehr 30, von 90 Studierenden auf mehr als 3.200, das spricht für sich. Der beste Beweis für unsere erfolgreiche Arbeit sind die Absolvent*innen, über 12.000 mittlerweile, die als Arbeitskräfte extrem gefragt sind.

Walter: Wo wir in weiteren 25 Jahren stehen wollen? Wir wollen mit dem, was wir tun, weiterhin am Puls der Zeit sein. Wir wollen Fachkräfte ausbilden, die gefragt sind. In der Forschung wollen wir, zum Beispiel in den Bereichen Holz oder Datensicherheit, Exzellenzstellung einnehmen. Das haben wir uns jetzt schon erarbeitet, das wollen wir ausbauen. Wir gehen davon aus, dass die FH Salzburg im Jahr 2045 ein unverzichtbarer Teil der Fachkräfteausbildung und -entwicklung und im internationalen Vergleich noch sichtbarer als heute schon sein wird.

Das impliziert wahrscheinlich auch mehr Studienplätze ...

Walter: Natürlich haben wir Ausbaupläne, die werden im Fachhochschulwesen durch ausgeschriebene Studienplätze des Bundesministeriums gesteuert, und im gesundheitswissenschaftlichen Bereich auch durch das Land Salzburg. Klar ist: Wir wollen weiter wachsen, der Markt verlangt nach gut ausgebildeten Expert*innen und Fachkräften.

Ribitsch: Gerade im Gesundheitsbereich ist derzeit die Master-Ausbildung ein Engpass, es werden aktuell nur Bachelorstudiengänge finanziert. Aber es braucht auch noch höher qualifiziertes Personal, vor allem für die Forschung. Das ist unser Ziel.

Schnell gefragt: Was ist die große Stärke der Fachhochschule Salzburg?

Walter: Unsere interdisziplinäre Ausrichtung. Wir haben für jede Problemstellung Personen, die wesentlich und mit unterschiedlichen Herangehensweisen daran arbeiten können, sie zu lösen. Egal, ob es zum Beispiel im Bereich Gesundheit um die Digitalisierung der Pflege und Prävention geht. Oder im Bereich Bauen um energieoptimierte Gebäudesanierung.

Ribitsch: Wir sind nahe an Gesellschaft und Wirtschaft dran, aber auch ganz generell nahe am Puls der Zeit. Wir bilden genau jene Menschen aus, die heute gefragt und job-ready sind, und die vor allem auch morgen noch gefragt sein werden.

Und ihre Schwächen?

Ribitsch: Wir wollen unser Bewusstsein der Interdisziplinarität als Stärke auch intern noch nachhaltiger in den Köpfen verankern. Auch bei uns gibt es, wie überall, natürlich Tendenzen, das zu wenig als Chance zu begreifen. Wir denken intern womöglich hier und da noch ein wenig zu sehr im Silo. Da müssen wir einen größeren Schritt aus der Komfortzone heraus machen.

Walter: Wir sind in der Vergangenheit so stark gewachsen, dass es natürlich Prozesse gibt, die zu adaptieren sind.

Wir wollen mit dem, was wir tun, weiterhin am Puls der Zeit sein.

Reden wir über die österreichische Bildungslandschaft mit der wachsenden Bedeutung von angewandter Forschung – wie sehen Sie die FH Salzburg positioniert?

Ribitsch: Wir sind ein sehr gut etablierter Regionalversorger, wir sind in Salzburg stark, haben aber auch große Strahlkraft nach Südbayern und Oberösterreich. Doch wir müssen unsere Sichtbarkeit als Hochschule weiter ausbauen. Ziel ist es, überall deutlich mehr Bewerber*innen zu haben, als Studienplätze zur Verfügung stehen.

Walter: Wir haben als FH die Durchlässigkeit der Sozialsysteme und die Möglichkeiten der akademisierten Ausbildung gut etabliert, das ist sicher eine Stärke von uns. Und bei den angewandten Wissenschaften agieren wir mit den öffentlichen Universitäten auf Augenhöhe. Wir haben als FH einen guten Platz für uns gefunden, den gilt es zu bewahren und weiterzuentwickeln.

Österreich liegt bei der Tertiären Ausbildung quantitativ im hinteren europäischen Mittelfeld. Was bräuchte es, um die Zahl der Hochschulabschlüsse bei uns zu heben?

Ribitsch: Alle Fachhochschulen in Österreich sind gemeinsam davon überzeugt, dass es ein eindeutiges finanzielles Bekenntnis der Politik zur Wichtigkeit der angewandten Forschung und Entwicklung braucht. Da müssen wir an einem Strang ziehen, und zwar mit starken Interessensvertretungen und starken Sozialpartnern. Es braucht die verstärkte Entwicklung entsprechender Förderprogramme. Da ist, etwa im für uns zuständigen Ministerium, sicher noch einiges an Metern zurückzulegen.

Wie viel Geld mehr pro Jahr wäre notwendig, um zu sagen, damit lässt sich gut arbeiten?

Ribitsch: Grob geschätzt würde ich meinen, lägen in einem Topf für die fachhochschulische Forschung in Österreich 100 Millionen Euro pro Jahr, dann würde man damit sehr weit kommen.

Sprechen wir wieder über die Zukunft – wohin gehen in der angewandten Forschung die internationalen Trends?

Walter: Das Thema Nachhaltigkeit wird auf verschiedensten Ebenen wichtig sein, denken sie nur an den Städtebau, die technologischen Entwicklungen, den Tourismus oder die Designwirtschaft. Damit zusammen hängt natürlich auch das entsprechende soziale Gefüge rundherum, womit wir wieder beim Thema Interdisziplinäres wären. Cyber Security, Datenschutz und Sicherheit in den technischen Systemen bis hin zu Privatanwendungen wird ein noch wichtigeres Feld werden, als es ohnehin schon ist. Genau da sind wir übrigens mit unserem Josef Ressel Zentrum und dem Zentrum für sichere Energieinformatik gut mit dabei. Und die Digitalisierung im Gesundheitsbereich wird ein großes Thema in der Zukunft sein.

Alle Fachhochschulen in Österreich sind gemeinsam davon überzeugt, dass es ein eindeutiges finanzielles Bekenntnis der Politik zur Wichtigkeit der angewandten Forschung und Entwicklung braucht.

Wie sieht es mit der Internationalisierung aus?

Walter: Es ist schon jetzt ein Erfordernis, dass Hochschulen nicht alle für sich allein arbeiten, sondern dass internationale Erfahrungen und Ergebnisse zusammengeführt werden. Wir praktizieren das. Neben 160 Partnerhochschulen bietet die FH Salzburg in verschiedenen Studiengängen auch die Möglichkeit, ein Double Degree, also einen doppelten Abschluss, zu erwerben. Ohne Internationalisierung wird die Wissenschaft der Zukunft nicht auskommen.

Vorletzte Frage: Gibt es Projekte, auf die Sie als Geschäftsführung der FH Salzburg besonders stolz sind?

Ribitsch: Zum Beispiel auf das Projekt „Twin²Sim“ mit seinem multifunktionalen Fassadenprüfstand. Das ist nicht nur für uns und unseren Standort Kuchl, den Campus der Nachhaltigkeit, sondern für das ganze Land Salzburg ein echtes Leuchtturmprojekt in vielfacher Hinsicht. Wir werden damit noch viel Freude haben.

Walter: Im Bereich Materialforschung arbeiten wir an Projekten, die sich neue Anwendungsmöglichkeiten für Holzabfälle überlegen. Und wir forschen an Projekten, die sich im Bereich Biomedizinische Analytik auf die eine oder andere Weise mit Auswirkungen der Covid-Pandemie beschäftigen.

Noch ein Schlusswort?

Walter: Ich würde gerne unseren enorm engagierten Mitarbeiter*innen Dank und Respekt aussprechen, die sowohl in der Lehre wie auch in der Forschung und in der Verwaltung hochqualitative Arbeit leisten.

Ribitsch: Und ich möchte die aktuelle Organisationsreform betonen, die wahrscheinlich den größten Veränderungsprozess in unserer Geschichte darstellt. Diese müssen wir als gesamte Organisation als Chance begreifen, über unsere Grenzen hinaus zu wachsen und eine Weiterentwicklung durchzumachen. Sie hilft uns bei unserem Ziel: der laufenden Stärkung unserer Wettbewerbsfähigkeit.

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