In einem Zeitalter der beschleunigten Disruption und „kreativen Zerstörung“, wie es der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter nannte, müssen auch die Geschäftsmodelle mit der Zeit gehen, um Bestand zu haben. In seiner Vorlesung „Entrepreneurship“ vermittelt Günter Berger seinen Studierenden ein Gespür für intelligente und zeitgemäße Business Models, die nicht nur theoretisch gut klingen, sondern auch in der Praxis funktionieren - dieses Jahr am Beispiel der Getreidegasse in Salzburg.
Die Getreidegasse ist zum einen UNESCO-Weltkulturerbe und Salzburgs berühmteste historische Gasse mit Touristenattraktionen wie Mozarts Geburtshaus, und zum anderen eine der beliebtesten Einkaufsstraßen der Stadt. Berühmt sind die schmiedeeisernen Zunftzeichen an den Häuserfronten, die seit Jahrhunderten auf die dort ansässigen Unternehmen hinweisen. Manche „Hausmarken” und Logos sind schon nach kurzer Zeit wieder ausgetauscht, weil ein Geschäft schließen musste. Andere halten sich über Jahrzehnte, manche über Jahrhunderte. Aus wirtschaftlicher Perspektive ist diese quirlige Gemengelage ein perfekter Ausgangspunkt, um den Fragen des langfristigen und nachhaltigen Unternehmenserfolges auf den Grund zu gehen.
Mit einer der entscheidendsten dieser Fragen, der Frage nach Rentabilität, beschäftigen sich die Studierenden des 3. Semesters in der Vorlesung Entrepreneurship bei Günter Berger, Fachbereichsleiter Wirtschaft und Management. Im Kurs sollen die Grundlagen für ein tragfähiges Startup entwickelt werden – ein Kernbereich davon ist eine Geschäftsmodell-Rechnung, die eine eigene Idee auf solide wirtschaftliche Beine stellen soll.
Minutenschnelle Modellrechnung statt grauer Theorie
Um dafür ein Gespür zu bekommen, könnten die Drittsemester im Hörsaal theoretische Business Cases studieren – oder aber real existierenden Unternehmen ganzheitlich an Ort und Stelle begutachten. Die Studierenden von Günter Berger tun letzteres und begeben sich dazu auf den „Trainingsparcours” in der Salzburger Getreidegasse: Mithilfe der hausintern schon fast legendären Quick-and-Dirty-Rechnung werden die vorhandenen Geschäftsmodelle auf Plausibilität überprüft. Von der Präsenz jahrhundertealter, alteingesessener Traditionsunternehmen zu unrentablen Flagship-Stores bis zu unscheinbaren Gelddruckmaschinen reicht das Spektrum der gemeinsam analysierten Unternehmen. Nach den durchkalkulierten Exempeln untersuchen die Studierenden anschließend Geschäfte ihrer Wahl in der Kleingruppe. Die kurzweilige Exkursion schult den wirtschaftlichen Blick und gibt den Studierenden eine „Pi-mal-Daumen“-Rechnung an die Hand, die sie auf jedes Unternehmen anwenden können – vom Tante-Emma-Laden bis zum internationalen Möbelkonzern.
Im weiteren Verlauf des Kurses wird von den Studierenden die Business Modell Canvas bearbeitet. Anhand dieser einfachen „Denkhilfe“ können sie ihre eigene Geschäftsidee klar strukturieren und dabei jeden relevanten Bereich, vom zentralen Wertangebot für den Kunden, über die Kostenstruktur bis hin zum Vertrieb, skizzieren und ausarbeiten. In der Wahl ihrer Startup-Ideen sind die Studierenden frei – es können Konzepte aus der Holzwirtschaft, ihren Peripheriebereichen, oder auch aus völlig anderen Branchen entwickelt werden. Hauptsache, das Modell hat Innovationscharakter, ist in allen Funktionalbereichen des Geschäfts plausibel und steht auf einer soliden wirtschaftlichen Basis. Mit der Verknüpfung von Theorie und Praxis lernen die Studierenden wirtschaftliche Zusammenhänge kennen, eine zielgruppengerechte Ansprache und erwerben Kompetenzen im Projektmanagement. Für die Vorlesung „Marketing und Vertrieb“ im folgenden Semester sind diese Entrepreneurship-Kenntnisse essenziell.
Von der Idee bis zum innovativen Startup
Die entwickelten Startup-Ideen können über die Vorlesung hinaus weiterverfolgt werden, beispielsweise als Semesterprojekt oder Abschlussarbeiten. Fortgeschrittene Konzepte können dank der Angebote des hausinternen FHStartup Center oder mit Unterstützung des Salzburger Innovations-Ökosystems Startup Salzburg auf dem Weg zur Realisierung begleitet, und somit vielleicht eines Tages selbst Untersuchungsgegenstand einer neuen Generation von Studierenden werden.