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12. Mai 2021

Holz, Holz und nochmal Holz: drei Nachwuchswissenschafter berichten über ihren erfolgreichen „Holzweg“

Stefan Kain, Thomas Sepperer und Lukas Sommerauer – drei Absolventen der FH Salzburg, drei Nachwuchsforscher, drei Dissertanten, die eines vereint: der Werkstoff Holz. Im Laufe des Studiums haben sie verschiedene Schwerpunkte gewählt und die Möglichkeit genutzt, bereits während des Studiums an Forschungsprojekten mitzuarbeiten. Das Interesse an Forschung war geweckt und die FH Salzburg bot ihnen spannende Karriere-Perspektiven in der Forschung: Alle drei promovieren und forschen weiter am nachhaltigen und „intelligenten“ Werkstoff Holz.

Die drei Salzburger haben nach der Matura am Holztechnikum Kuchl an den Campus Kuchl der FH Salzburg gewechselt. Nach dem Abschluss des Bachelors Holztechnologie & Holzbau und des Masters Holztechnologie & Holzwirtschaft starteten sie ihre wissenschaftliche Karriere als Junior Researcher am IWB Zentrum Smart Materials, eine Kooperation der FH Salzburg mit der Uni Salzburg.

Die Möglichkeit bereits während des Studiums in Forschungsprojekte eingebunden zu sein, hat bei allen den Weg in die Forschung geebnet. Nach dem Masterabschluss war für alle drei klar, dass sie ein Doktoratsstudium anhängen möchten: Stefan Kain und Thomas Sepperer promovieren derzeit an der Uni Salzburg, Lukas Sommerauer an der BoKu in Wien.

    Wie Tannine die Umwelt schützen

    Thomas Sepperer hat sich schon früh „auf die Chemie gestürzt“, wie er es selbst beschreibt. Die Arbeit im Labor machte ihm viel Spaß und bescherte große Erfolge: Für seine Masterarbeit wurde ihm im Dezember 2019 der Staatspreis für herausragende Diplom- und Masterarbeiten des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) verliehen. Die Masterarbeit über die Reinigung und Verwendung von Tanninen zur Herstellung ökologischer Alternativen zu erdölbasierten Dämmstoffen, zählte zu den acht besten Arbeiten an Fachhochschulen in Österreich.

    Im Rahmen seiner Promotion an der Uni Salzburg beschäftigt sich Thomas Sepperer weiter mit der Nutzbarmachung von Tanninen sowie deren Eignung zur Reduktion von Treibhausgasen und sonstigen Schadstoffen. „Tannine, also die Inhaltsstoffe von Baumrinde, zeigen vielversprechende Eigenschaften, wenn es darum geht, erdölbasierte Stoffe zu ersetzen. So ist es möglich, Schaumstoffe auf Basis von Tannin herzustellen, ohne auf die Petrochemie zurückgreifen zu müssen“, erklärt Sepperer.

    Die Gewinnung von Tanninen ist dabei relativ einfach: Auskochen mit heißem Wasser aus der Rinde. Allerdings werden dabei nicht nur die Tannine sondern auch Zucker und Proteine ausgewaschen. Diese unerwünschten Nebenbestandteile sollen entfernt werden und anschließend wird untersucht, ob die „Reinigung“ des Tannins einen Einfluss auf Produkte hat, die aus dem Tannin hergestellt werden.

    Sind Tannine also eine neue „Wunderwaffe“ gegen den Klimawandel? Sie könnten auf jeden Fall einen Beitrag leisten. Das zeigt auch ein Forschungsprojekt in Kooperation mit der HBLA Ursprung in Salzburg: Hier wurden Tannine einem 120 Liter-Güllefass beigemischt. Nach Auswertung der täglichen Proben zeigte sich, dass die klimaschädliche Ammoniakabgasung durch die Tannine deutlich verringert werden konnte.

    Was wir von Fichtenzapfen lernen können

    Stefan Kain ist Verfahrenstechniker mit einer großen Leidenschaft für 3D- und 4D-Druck in Kombination mit biogenen Materialien. Sein Interesse gilt der Entwicklung und Verarbeitung von sogenannten Holzfilamenten für den 3D-Druck. „Normalerweise wird beim 3D-Druck reiner Kunststoff ohne Füllstoffe verwendet, aber wir arbeiten mit einem innovativen Hybridmaterial aus Biopolymeren und Holzfasern“, erklärt er eines der Ergebnisse des 2019 abgeschlossenen Forschungsprojektes „HyMat – Hybrid Materials“.

    Stefan Kain mit dem ersten funktionsfähigen Prototypen in Bezug auf 4D-gedruckte Lüftungsklappen. Im trockenen Zustand liegen die drei Dreiecke eng aneinander an, und verhindern so einen Luftwechsel. Bei Kontakt mit Feuchtigkeit - siehe Bild - falten / schüsseln sich die Dreiecke auf, und ermöglichen einen ungehinderten Luftwechsel. "Um einen Feuchtraum z.B.: Badezimmer zu simulieren, habe ich den Prototypen in einen Klimaschrank gelegt - das Gerät im Hintergrund", erklärt der Forscher.

    In seiner Doktorarbeit an der Uni Salzburg untersucht er unterschiedliche physikalische Eigenschaften (unter anderem Zug- und Druckfestigkeit, Schlagzähigkeit, Quell- und Schwindverhalten, etc.) bei Hybridmaterialien, die mittels 3D-Druck verarbeitet werden, und geht noch einen Schritt weiter: „Beim 4D-Druck werden die einzelnen Schichten mit wechselnden Druckrichtungen aufgetragen. Bei Kontakt mit Feuchtigkeit werden Spannungen im Objekt hervorgerufen, die schlussendlich eine reversible Verformung herbeiführen.“ Denn, Holzfilamente quellen auf, wenn sie feucht werden.

    „Der Fichtenzapfen veranschaulicht recht gut, was wir mit 4D-Druck erreichen wollen. Bei Feuchtigkeit bleiben die Schuppen der Zapfen geschlossen, hingegen bei Trockenheit öffnen sie sich. Dieses Prinzip könnte beispielsweise eine Innovation bei Lüftungsklappen in der Gebäudetechnik darstellen. Die 4D-gedruckten Klappen würden sich völlig selbsttätig in Abhängigkeit vom vorherrschenden Raumklima öffnen sowie schließen, und das ganz ohne Elektronik“, erklärt der Forscher

    Sein Ziel: die Entwicklung eines mathematischen Modells, um das Verformungsverhalten von 4D-gedruckten Objekten bei der Einwirkung von Feuchtigkeit vorhersagen zu können.

    Warum Türgriffe bald aus antibakteriellem Holz sein könnten

    Lukas Sommerauers Interesse liegt vor allem in der funktionalen Herstellung neuer Materialien. Am Center for Smart Materials und an der BoKu Wien, wo er promoviert, forscht er an der Herstellung hochwertiger Holzextraktstoffe.

    Holzextraktstoffe sind wertvolle Biochemikalien die als ‚Green Biocides‘ für Holzschutzmittel eingesetzt werden können oder auch bei entsprechender Reinheit für Lebensmittel- und Medizinprodukte“, erklärt der Nachwuchsforscher. „In Holzextrakten können sich bis zu 70% Zucker und Zuckerderivate befinden, welche die Bioaktivität verringern und eine technische Separierung erschweren. Durch Fermentation kann dieser Zuckeranteil verringert und dadurch die hochwertigen Holzextraktstoffe gewonnen werden."

    Sollte dies gelingen, wäre die Anwendung auf Holzoberflächen möglich, um diesen beispielsweise eine antibakterielle Schicht zu verpassen oder, dort wo Holz exponiert verbaut wird, für eine längere Haltbarkeit zu sorgen. Natürlich und umweltschonend.

    Lukas Sommerauer arbeitete auch bereits während des Studiums an Forschungsprojekten mit, die nicht immer nur Erfolg hatten, dafür aber viel Spaß, Kreativität und Neugier geweckt haben: „Es gab auch ein Projekt, das gescheitert ist, aber es hat Spaß gemacht, gemeinsam im Labor zu testen und auszuprobieren. Wir haben dabei viel dazugelernt und genau das motiviert mich auch auf meinem Weg in die Wissenschaft.“ Den Wechsel in die Wirtschaft nach der Promotion kann er sich dennoch auch gut vorstellen.

    Salzburg Center for Smart Materials

    Thomas Sepperer, Stefan Kain und Lukas Sommerauer forschen am Center for Smart Materials, ein von der EU im Rahmen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gefördertes Forschungszentrum, welches die wichtigsten Forschungseinrichtungen im Bereich der Materialwissenschaften im Bundesland Salzburg vereint. Die Gruppe setzt sich aus drei Forschungsbereichen zusammen: Chemie und Physik der Materialen (Uni Salzburg), Center for Human Computer Interaction (Uni Salzburg) und Holztechnologie und Holzbau (FH Salzburg).

    Salzburg Center for Smart Materials

    Die Forschungsaktivitäten im Wissenstransferzentrum zielen darauf ab, neue adaptive und intelligente Ober- und Grenzflächen auf der Basis biogener Ressourcen (mit starkem Fokus auf den Salzburger „Leitwerkstoff“ Holz) zu entwickeln. Das Zentrum forscht an zwei großen Bereichen: Materialien mit hohen spezifischen Oberflächen biogenen Ursprungs und Strukturierung und Funktionalisierung von Ober- und Grenzflächen.

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